Wenn man die eigenen Erwartungen übertrifft
Bericht Marie Pröpsting über ihr bisheriges Jahr 2022
M.P. Nach meiner überraschenden Teilnahme an den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig und der dortigen Finalteilnahme mit erneuter Verbesserung meiner Bestzeit, ging ich beflügelt in das Training für die Sommersaison. Unser Trainingslager kurz vor Ostern in Sögel lief hervorragend und ich hatte das Gefühl, aus dieser Saison könne „was werden“. Als Einstieg wählten mein Trainer Ernst Musfeldt und ich dieses Jahr etwas Neues — einen 3000 m‑Lauf am 01. Mai in Garbsen statt einem schnellen 800 m‑Rennen wie sonst immer. Schon in diesem Lauf belohnte ich mich mit einer neuen Bestzeit und blieb in 9:46:03 min zum ersten Mal unter 10 Minuten. Auch beim Nationalen Meeting zwei Wochen später gelang mir eine deutliche Verbesserung meiner 800 m Bestzeit. Es waren also gute Voraussetzungen für alles, was noch kommen sollte. Für den Einstieg auf meiner Lieblingsstrecke, den 1500m, reiste ich am 21.05. zur 6. Langen Laufnacht nach Karlsruhe. Gerne wollte ich auch dort meine persönliche Bestleistung verbessern, unter 4:30 min bleiben und so direkt die B‑Norm für die Deutschen Meisterschaften abhaken. Die Bedingungen in Karlsruhe waren super und die Veranstaltung trägt ihrem Namen alle Ehre. In einem schön gleichmäßigem Lauf kam ich als zweite in 4:27:25 min ins Ziel und war superglücklich — wieder Bestzeit. Weitere 14 Tage später konnte ich meine Form beim Sparkassen-Meeting in Osterode mit Platz 3 und einer erneuten Zeit von 4:27:33 min bestätigen. Mein letztes 1500 m‑Rennen vor den Deutschen Meisterschaften, beim Sparkassen Jump’n Run Meeting in Dortmund, ging ich offensiver und mutiger an und konnte mich wieder um zwei Sekunden steigern. Es war echt unglaublich, denn noch vor einem halben Jahr hätte ich es nicht für möglich gehalten, solche Zeiten zu laufen.
Mit einer Zeit von 4:25:28 min und Platz 12 der Meldeliste reiste ich also nach Berlin. Die beiden Halbfinalläufe fanden Samstagmorgen ab 10:33 Uhr statt. Da meine Haupttrainingszeit am Abend liegt, konnte ich nicht einschätzen, wie gut ich um diese Uhrzeit schon in Form sein würde. Das sollte aber Nebensache sein, denn ich wollte die ganze Atmosphäre und alles, was zu so einer Meisterschaft dazugehört, einfach nur genießen. Schließlich hatte ich nichts zu verlieren, allein schon die Teilnahme war das Größte überhaupt. Im Hans-Braun-Stadion, dem Leichtathletikstadion neben dem Olympiastadion, machte ich mich warm. Aufgrund der langen Laufwege von dort zum Stadion war der Aufruf schon 30 Minuten vor dem Start. Gemeinsam mit den anderen Läuferinnen aus meinem Halbfinale machten wir uns auf den Weg durch die kühlen und dunklen Katakomben zum Callroom, der sich direkt unter dem Marathontor befand. Nachdem die Anzahl und richtige Platzierung der Startnummern sowie die Länge der Spikes kontrolliert waren, wurden wir auf die blaue Bahn geführt. Obwohl die Ränge so früh zu Beginn der Vormittagssession so gut wie leer waren, war es unglaublich, dort unten, umgeben von den riesigen Rängen, zu stehen. Als der Startschuss fiel, ließ ich mich einfach mitziehen. Das Tempo war gut und ich wusste, dass ich eine für mich schnelle Zeit laufen musste, um eine Chance auf das Finale zu haben. Ich kam als sechste meines Laufes ins Ziel und war wieder schneller gelaufen als je zuvor. 4:23:96 min! Da der zweite Halbfinallauf deutlich langsamer war, qualifizierte ich mich doch tatsächlich als insgesamt Vorlaufsechste für das Finale.
Sehr befreit bereitete ich mich am Sonntagnachmittag also auf den Endlauf vor und ließ mich auch von der starken Hitze nicht allzu sehr aus der Ruhe bringen. Die Aufregung wuchs allerdings doch noch an, als wir, kurz vor unserem Eintritt in das Stadion und hinter dem schwarzen Vorhang stehend, den Finallauf der Männer über 1500m durch den euphorischen Stadionsprecher und das Gejubel der Zuschauer mitverfolgten. An diesem zweiten Tag waren die Tribünen deutlich voller und die Stimmung dadurch richtig gut. Im Finale erlebte ich dann ein waschechtes Meisterschaftsrennen, in dem bis 400m vor Schluss alle Läuferinnen noch zusammen liefen. Ich hatte mich eher defensiv hinten eingeordnet und verpasste so ein bisschen den Antritt der vorderen Läuferinnen. Dennoch lief ich die für mich schnellste je gelaufene letzte Runde, ließ zwei Läuferinnen hinter mir und belegte Platz 10. Damit war ich mehr als zufrieden und genoss noch einmal das Gefühl, in diesem wunderschönen Stadion gelaufen zu sein.