Um “Mehr als Sport” ging es in der Sendung „Plattenkiste“ bei NDR 1 Niedersachsen. Am 8. Oktober zwischen 12 und 13 Uhr unterhielten sich Justine Pietsch, Mareike Wietler und Svenja Schlüter mit Moderatorin Martina Gilica unter diesem Motto über die integrativen Kurse, die der VfL Eintracht Hannover anbietet. Integration ist schon seit Jahren ein wichtiges und gefördertes Thema des Sportvereins.
Der Verein arbeitet eng mit Flüchtlingsunterkünften zusammen. Es wird versucht, mit vielen Kooperationspartnern wie dem Kulturtreff Hainholz zusammen Projekte auf die Beine zu stellen, berichtet Geschäftsführerin Mareike Wietler. Dazu zählen auch die angebotenen integrativen Fahrrad- und Schwimmkurse. Justine Pietsch, “Verantwortungsbürgerin” im Verein, sieht den größten Bedarf beim Fußball. Diese Sportart lieben alle und fühlen sich angesprochen, verrät sie lächelnd. Angebote auf diesem Gebiet werden gern angenommen, und alle haben viel Spaß, freut sie sich. Svenja Schlüter vom Kulturtreff Hainholz sieht das ähnlich. Sie weiß: viele Migranten leben im Stadtteil Hainholz. Im Kulturtreff werden deshalb u.a. Deutschkurse angeboten. Als sie erfuhr, dass viele Frauen nicht Rad fahren können, war sie sofort dafür, für Abhilfe zu sorgen.
Kinder lernen Fahrrad fahren in der Schule, erklärt Svenja Schlüter. Ihre Mütter haben viele, auch sehr unterschiedliche Gründe, das Radfahren nicht zu können: Sie trauen es sich beispielsweise nicht in einer Stadt wie Hannover mit vielen anderen Verkehrsteilnehmern, oder sie durften früher nicht fahren, sie haben ihre Kindheitserfahrungen längst vergessen … Mit ihrer Idee, den Frauen zu helfen, lief Svenja Schlüter zunächst bei der Kontaktbeamtin im Stadtteil und dann auch beim VfL quasi offene Türen ein. Denn für Erwachsene ist es oft nicht eben einfach, Radfahren zu erlernen. Auch war finanzielle Unterstützung für das Projekt nötig. Die konnte der Verein dann beim Sportbund beantragen, ergänzt Mareike Wietler. In den Kursen wählen die Frauen gern kleine Räder, weil sie denken, dass sie dann nicht so leicht (und tief) stürzen. Dabei sind kleine Räder schwerer zu handhaben. Oft helfen zwei Lehrerinnen ihnen beim ersten Antritt — halten hinten und vorn fest, wenn jemand noch nie auf dem Rad saß und erstmals in die Pedale tritt und lenken soll. So wird nach und nach das Fahren erlernt. Der persönliche Kontakt ist dabei immens wichtig, betont Justine Pietsch, damit Vertrauen entsteht. Auch kleine Gespräche helfen dabei, ein schlichtes “Wie geht es dir?” knüpft als erste Kontaktaufnahme an. Der interkulturelle Dienst der Polizei ist ebenfalls dabei. So lernen die Frauen die Polizei — die Kontaktbeamtin — anders kennen als womöglich in ihrer Heimat. Deshalb fassen sie Vertrauen und wenden sich durchaus mit anderen Problemen an die Beamtin.
Auch die integrativen Schwimmkurse sind beliebt. Oft können es die Kinder durch den Schulunterricht vor ihren Müttern. Doch die Frauen stellen schnell voller Staunen und Begeisterung im Kursus fest, dass das Wasser sie trägt. Die Erfahrung, etwas Neues erlernt zu haben, den bisherigen Radius per Rad zu erweitern, die Freizeit mit den Kindern z.B. auf dem Rad bei einem Ausflug oder beim Schwimmen zu verbringen — all das trägt zu mehr Selbstbewusstsein bei und tut den Frauen gut, berichten die Gäste in der Plattenkiste überzeugt.
Als neue Projekte laufen derzeit Kinderturnen in Hainholz und Kickboxen in der Nordstadt. Hierher kommen Mütter und wie auch Väter gern. Das “Mutter-Kind-Turnen” ist für die Frauen sehr interessant, da sie häuftig für Haus und Familie zuständig sind. Sie entdecken in Deutschland, dass das zu verbinden ist und ihnen ganz andere Möglichkeiten, Chancen und Ziele eröffnet, auch für die eigene Person und Persönlichkeit.